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Dezember 2022

BAG: Kündigungsfrist bei Compliance Untersuchungen beginnt mit Vorlage des Abschlussberichtes

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 05. Mai 2022 (Az. 2 AZR 483/21) entscheiden, dass die zweiwöchige Kündigungsfrist bei Compliance Untersuchungen erst mit der Vorlage des Abschlussberichtes beginnt.

Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der als Vertriebsleiter in einem auf den Bau von Militärflugzeugen spezialisierten Unternehmen tätig war. Bei mehreren Mitarbeitern sind geheimhaltungsbedürftige Dokumente des Verteidigungsministeriums aufgetaucht. Infolge interner Untersuchungen lagen ende Juni erste Erkenntnisse über strafrechtlich relevante Vorgänge in Form von E-Mail-Verlaufsfunden vor. Dies betraf insgesamt 89 Mitarbeiter. Geheime Verschlusssachen wurden an die Vertriebsabteilung, unter anderem den klagenden Arbeitnehmer weitergeleitet.

Mitte September erhielt die Unternehmensführung den abschließenden Ermittlungsbericht und hörte den Arbeitnehmer zu den Vorwürfen an. Die Kündigung wurde Ende September ausgesprochen.
Der Vertriebsleiter war im Kündigungsschutzprozess vor dem ArbG Ulm und dem LAG Baden-Württemberg erfolgreich. Den Gerichten zufolge habe die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des Arbeitgebers nach § 626 Abs. 2 BGB bereits im Juni zu laufen begonnen und war demnach im September abgelaufen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) urteilte in seiner Entscheidung anders:

Der Arbeitgeber hat die Frist zur Erklärung der Kündigung eingehalten und die Kündigung ist wirksam.

Nach Ansicht des BAG kann sich der Arbeitgeber auf den Zeitpunkt des Erhalts des Ermittlungsberichts September stützen. Erst zu diesem Zeitpunkt fing die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB an zu laufen.
Heißt – Die Frist begann nicht schon im Juni zu laufen, als die ersten unternehmensinternen Untersuchungsergebnisse vorlagen.

Fazit:

Bei großen Compliance-Untersuchungen beginnt die Frist zur Erklärung der außerordentlichen Kündigung erst mit dem abschließenden Bericht.
Eine Verzögerung des Zugangs des Berichts und damit Verhinderung des Fristbeginns ist nur dann beachtlich, wenn es absichtlich oder grob fahrlässig geschieht.

Dass der Leiter der Compliance-Abteilung früher Kenntnis von den kündigungsrelevanten Tatsachen hatte, spielt keine Rolle. Für den Fristbeginn kommt es auf den Zeitpunkt an, in dem die zur Kündigung berechtigten Personen, hier die Unternehmensführung, Kenntnis von den Tatsachen erhielt. Und erst mit Erhalt des abschließenden Berichts, lagen alle Tatsachen vor, die für die Einordnung der Schwere der Pflichtverletzung und somit für die Entscheidung über die Kündigung von Bedeutung waren.

Außerdem stellt das BAG keine rechtsmissbräuchliche Verzögerung bei der Weiterleitung der Tatsachen von der Compliance-Abteilung zur Unternehmensführung fest. Eine unzulässige Verzögerung könnte nur bei Absicht oder grober Fahrlässigkeit, nicht aber bei einfachem Organisationsmangel angenommen werden.

Sollten Sie Unterstützung im Rahmen von Compliance Untersuchung benötigen, kommen Sie auf uns zu. Wir helfen Ihnen gerne!

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