Saftige Kartellstrafe gegen Autohersteller: Was folgt für die Branche?
Eine Kartellstrafe über insgesamt rund 460 Millionen Euro, die die EU-Kommission Anfang April 2025 gegen etliche namhafte Autohersteller verhängt hat, sorgt in der Automobilindustrie und bei Verbrauchern gleichermaßen für Aufsehen. Geahndet wurden damit illegale Absprachen, die sich offenbar über Jahre hinweg erstreckten und weitreichende Folgen für den Wettbewerb und die Umwelt hatten.
Hintergrund der Kartellstrafe
Im Kern der Untersuchung stand der Vorwurf, dass sich große Automobilhersteller und der europäische Automobilverband ACEA mehrere Jahre lang wettbewerbswidrig verhalten haben. Die illegalen Absprachen betrafen vor allem zwei Bereiche:
- Recycling von Altfahrzeugen: Die Unternehmen einigten sich laut EU-Kommission darauf, keine Vergütung an Autoverwertungsbetriebe für die Entsorgung und das Recycling von Altfahrzeugen zu zahlen. Sie argumentierten, dass das Recycling an sich ein profitables Geschäft für die Verwertungsbetriebe sei („Zero-Treatment-Cost“-Strategie). Um dies durchzusetzen, tauschten sie sensible Informationen über ihre individuellen Vereinbarungen mit den Verwertungsbetrieben untereinander aus und koordinierten ihr Verhalten. Dies verstieß gegen EU-Vorschriften, die vorschreiben, dass die Entsorgung für den letzten Fahrzeughalter kostenlos sein muss und die Hersteller gegebenenfalls die Kosten übernehmen müssen.
- Transparenz für Verbraucher: Die beteiligten Unternehmen sprachen sich zudem ab, keine freiwilligen Angaben zur Recyclingfähigkeit ihrer Fahrzeuge oder zum Anteil recycelter Materialien in neuen Autos zu machen. Damit wollten sie den Wettbewerbsdruck verringern, umweltfreundlichere Fahrzeuge zu entwickeln und verhindern, dass Verbraucher diese Informationen bei ihrer Kaufentscheidung berücksichtigen.
Damit verstießen sie laut EU-Kommission gegen die EU-Richtlinie 2000/53/EG über Altfahrzeuge: Die schreibt unter anderem vor, dass die Entsorgung für den letzten Fahrzeughalter kostenlos sein muss und Verbraucher über die Recyclingfähigkeit informiert werden sollen.
Auswirkungen der Kartellstrafe für Autohersteller
Die EU-Kommission verhängte Geldbußen in Höhe von insgesamt rund 460 Millionen Euro gegen die beteiligten Unternehmen. Die Strafen variieren je nach Grad der Beteiligung und Kooperationsbereitschaft: Die höchste Strafe trifft Volkswagen mit rund 127 Mio. Euro. BMW kommt mit 25 Millionen und Renault mit 81 Mio. Euro vergleichsweise glimpflich davon. Mercedes-Benz wird trotz Kartellbeteiligung von Strafzahlungen verschont, da das Unternehmen laut Kommission die Absprachen offengelegt hat. Damit zeigt die Kronzeugenregelung erneut ihre Effektivität bei der Bekämpfung von Kartellen.
Auch der ACEA wurde mit einer Geldbuße belegt, da der Verband die Treffen und den Informationsaustausch zwischen den Herstellern ermöglicht haben soll.
Nicht nur die finanziellen Auswirkungen der Strafen sind für die betroffenen Unternehmen erheblich und werden sich wohl negativ auf ihre Bilanz und zukünftige Investitionen auswirken. Außerdem droht ein erheblicher Imageschaden, da die Kartellstrafe das Vertrauen der Verbraucher in die Integrität der Automobilhersteller deutlich erschüttern dürfte.
Langfristige Konsequenzen für die Automobilbranche
Die Kartellstrafe sendet ein deutliches Signal an die gesamte Automobilindustrie, dass wettbewerbswidriges Verhalten und die Missachtung von Umweltvorschriften nicht toleriert werden. Das sollte – so ist zumindest die Hoffnung – ein Umdenken bei den Unternehmen bewirken.
- Stärkere Sensibilisierung für Compliance: Die Unternehmen sollten ihre Compliance-Richtlinien und internen Kontrollmechanismen überprüfen und verstärken, um zukünftige Verstöße zu vermeiden.
- Fokus auf Nachhaltigkeit: Die Notwendigkeit, Umweltstandards einzuhalten und Transparenz gegenüber den Verbrauchern zu gewährleisten, sollte zu einem stärkeren Fokus auf nachhaltige Produktionsprozesse und recyclingfreundliche Fahrzeugdesigns führen.
- Erhöhter Wettbewerbsdruck: Die Aufdeckung des Kartells könnte langfristig zu einem faireren Wettbewerb in der Branche führen, insbesondere im Bereich der Umweltfreundlichkeit.
- Gestärkte Rolle der Regulierungsbehörden: Die Kartellstrafe unterstreicht die wichtige Rolle der Regulierungsbehörden bei der Überwachung des Wettbewerbs und der Durchsetzung von Umweltstandards.
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