Zwei Jahre Hinweisgeberschutzgesetz: So sieht es in deutschen Unternehmen aus
Vor gut zwei Jahren, im Juli 2023, hat der deutsche Gesetzgeber mit dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) die EU-Whistleblower-Richtlinie umgesetzt. Damit sollen Menschen, die Missstände in Unternehmen und Behörden melden, besser vor Repressalien geschützt werden. Was hat sich seither getan?
Das Hinweisgeberschutzgesetz hat in deutschen Unternehmen vor allem dazu geführt, dass deutlich mehr Hinweisgebersysteme eingeführt wurden und die Zahl der Meldungen von Missständen langsam steigt. Allerdings liegen die Meldezahlen weiterhin niedriger als in anderen europäischen Ländern. Zum Start 2023 lag die Zahl der Meldungen noch bei durchschnittlich 0,53 pro 100 Beschäftigte. Im Laufe des Jahres 2023 stieg dieser Wert auf 0,63 an. Für das Jahr 2025 pendeln sich die Werte für deutsche Unternehmen laut Prognosen bei 0,4 bis 1,0 Hinweisen pro 100 Beschäftigte ein – je nach Unternehmen und effektiver Umsetzung des Hinweisgebersystems. (Quelle) Die Zahlen basieren auf Auswertungen von Meldestatistiken aus internen und externen Meldestellen sowie Studien von Dienstleistern und Branchenexperten, die Daten aus verschiedenen EU-Ländern aggregieren.
Der europaweite Durchschnitt bewegt sich weiterhin etwas höher als in Deutschland mit 0,7 Meldungen pro 100 Beschäftigte. Trotz gesetzlicher Pflicht und besserem Schutz sind die Meldezahlen hierzulande also weiterhin verhalten und nehmen nur langsam zu. Meldungen betreffen vor allem das Personalwesen, danach Korruption, IT und Datenschutz sowie sozialen Standards und Menschenrechten. (Statistiken)
Unternehmen ab 50 Mitarbeitern müssen seit 2023 Hinweisgebersysteme einführen und die Beschäftigten darüber informieren. Wer es nicht tut, muss ggf. bis zu 50.000 Euro Bußgeld zahlen. Mittlerweile sind Meldewege und Vertraulichkeitsschutz daher weitgehend standardisiert; interne Schulungen zur Gesetzeskonformität werden inzwischen häufiger durchgeführt.
Hinweisgeberschutzgesetz nach Branchen
Die stärkste Zunahme an Hinweisen seit Einführung des Hinweisgeberschutzgesetzes verzeichnen offenbar vor allem Branchen mit erhöhter Compliance-Anforderung wie der Finanzsektor, die Industrie und die öffentliche Verwaltung.
Der Finanzdienstleistungsbereich musste als einziger Sektor sofort nach Inkrafttreten des Gesetzes eine Meldestelle einrichten und verzeichnet seither die deutlichsten Zuwächse bei den Hinweisen. Meldungen betreffen hier vor allem Verstöße gegen Geldwäschegesetze, Korruption und arbeitsrechtliche Regelungen.
Unternehmen mit starker Compliance-Struktur – vor allem große Konzerne – erhalten einige hundert Hinweise pro Jahr, ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu Vorjahren. Hauptthemen: Personalverhalten, Arbeitsrecht und Korruption.
Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern mussten ebenfalls frühzeitig interne Meldestellen schaffen, was zu einem sprunghaften Anstieg der eingehenden Hinweise führte. Hier wurden seither besonders im Bereich Arbeitsrecht und organisatorische Missstände mehr Hinweise gegeben.
Warum wird in Deutschland weniger gemeldet?
Letztlich können wir darüber nur spekulieren. Die späte und zögerliche Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes und Einführung wirksamer Systeme hat in Deutschland länger gedauert als in anderen Ländern. Entsprechend langsam steigen Akzeptanz und Bekanntheit. Hinzu kommen eine generell zurückhaltende Meldekultur, Angst vor Nachteilen, geringes Vertrauen in den Schutz sowie fehlende Information und Transparenz.
Erfolgsfaktoren für ein Hinweisgebersystem
Damit mehr Beschäftigte das Hinweisgebersystem nutzen, muss es vor allem Vertraulichkeit, Benutzerfreundlichkeit und klare Kommunikation sicherstellen. Unsere Tipps.
Klare und transparente Richtlinien schaffen
Erstellen Sie eine leicht verständliche Hinweisgeber-Regelung, die sowohl die Rechte und Pflichten als auch den Schutz vor Repressalien klar festlegt. Stellen Sie sicher, dass diese Regelung für alle Beschäftigten einfach zugänglich ist und ihren Nutzen deutlich macht.
Informieren Sie die Belegschaft über das Hinweisgebersystem. Heben Sie dabei die Vorteile und Erfolge hervor und gehen Sie offen auf Fragen und Bedenken ein. Die Führungsebene sollte signalisieren, dass Hinweise willkommen und notwendig sind, um Risiken frühzeitig zu erkennen und zu beheben.
Anonyme und komfortable Meldewege bereitstellen
Bieten Sie den Beschäftigten verschiedene Meldekanäle an. Dazu gehören Online-Plattformen oder Hinweisgebersoftware, die verschlüsselte Kommunikation ermöglichen. Ergänzen Sie das durch eine Telefonhotline oder persönliche Gespräche.
Schnelle und nachvollziehbare Bearbeitung gewährleisten
Stellen Sie sicher, dass alle Meldungen zügig bearbeitet werden mit fristgerechten Bestätigungen und Rückmeldungen an die Hinweisgeber. Eine lückenlose und strukturierte Dokumentation ist dabei entscheidend, um Vertrauen in den Prozess zu schaffen.
Warum interne Meldestellen auch für die Compliance unverzichtbar sind
Interne Meldestellen sind längst nicht mehr nur eine gesetzliche Pflicht, sondern ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Sie sind das Frühwarnsystem, das Unternehmen vor Schäden schützt und gleichzeitig eine Kultur der Integrität schafft. Bereits vor Einführung des HinSchG waren sie integraler Bestandteil eines Compliance-Management-Systems (CMS).
Frühwarnsystem für Compliance-Verstöße
Interne Meldestellen sind Sensoren, die Fehlverhalten frühzeitig erkennen. Sie sind die erste Anlaufstelle für Hinweise auf Korruption, Datenschutzverstöße oder unethisches Verhalten. Indem solche Probleme intern gelöst werden, können Bußgelder, Gerichtsverfahren und massive Reputationsschäden vermieden werden.
Außerdem ist ein professionelles Meldesystem ein zentraler Pfeiler des Risikomanagements. Es hilft, potenzielle Krisen zu entschärfen, bevor sie eskalieren. Dies schützt nicht nur die Finanzen des Unternehmens, sondern auch seine Reputation bei Kunden, Partnern und Investoren.
Stärkung der Unternehmenskultur
Beschäftigte, die sich trauen, Missstände anzusprechen, stärken das gesamte Unternehmen. Ein offenes Meldesystem sendet die klare Botschaft: Integrität wird hier großgeschrieben. Es fördert eine Kultur, in der Ehrlichkeit und Verantwortung belohnt werden, was das Vertrauen und die Loyalität der Belegschaft nachhaltig steigert.
Rechtssicherheit und Vertrauensgewinn
Mit der gesetzlichen Pflicht zur Einrichtung von Meldestellen hat der Gesetzgeber die Bedeutung des Themas unterstrichen. Wer dieser Pflicht nachkommt, beweist nicht nur Rechtskonformität, sondern auch ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein. Dies macht Unternehmen nicht nur sicherer, sondern auch glaubwürdiger.
Wie beraten Sie gerne bei der Einführung und Betrieb einer internen Meldestelle, die Sie gemäß § 14 Abs. 1 HinSchG auch gerne an uns auslagern können.